Kopfkissen und Sparbuch – Warum andere Kasse machen

Warum Andere Kasse machen und die eigenen finanziellen Erfolge ausbleiben

   Wenn ein Mensch etwas gut kann, empfindet er das, was er kann eher als leicht. Wer’s nicht kann wird genau das Gleiche als schwer betrachten. Der Airbus-Pilot bringt uns locker nach Sonstwohin. Eine Blinddarmoperation wird er schon als schwieriger einschätzen. Da muss jemand her, dem das leicht fällt: eine Bagatelle für den Chirurgen. Der Arzt wiederum kann uns nicht nach Hause fliegen.

   Dennoch: viele Menschen trauen sich immer wieder Fertigkeiten zu, die sie nicht beherrschen. Dabei leuchtet ein: was wir nicht gelernt haben, können wir nicht. Dazu gehört vielfach auch der Umgang mit Geld, vor allem mit dem löblichen Ziel dieses kostbare Gut zu vermehren. Die Ergebnisse liegen auf der Hand oder stehen in der Zeitung: die Armen werden immer ärmer und die Reichen werden immer reicher. Fast sieht es so aus, als wären wir in Richtung Geld mit Blindheit geschlagen. Während wir in anderen Lebenslagen oft viel Geschick bei der Lösung von Problemen an den Tag legen, fällt uns bei den Finanzen erstaunlich wenig ein. Wir schaffen unsere Kreativität mit samt dem Geld zur Bank oder fahren auf heiße Tipps allerlei Experten ab.
 
    Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass wir mit unserem Geld bei irgendwelchen Institutionen in den besten Händen sind und eigentlich nichts weiter tun müssen, wenn wir es erst mal in diese guten Hände gelegt haben. Bei dieser Methode ist nur eines sicher: sie führt zu wenig, mitunter noch zu weniger als vorher. Was also tun? Guter Rat scheint teuer. Dem teuren Rat gehen wir am besten aus dem Weg. Beim billigen Rat fragen wir nach dem Motiv der Ratgeber. Schon haben wir die Spreu vom Weizen getrennt und stellen fest, dass wir weitgehend auf uns allein gestellt sind.


   Auf uns allein gestellt bedeutet weder Einsamkeit noch Hilflosigkeit. Lediglich unsere Autonomie darf nicht irgendwo auf der Strecke bleiben und schon gar nicht über den Banktresen gereicht werden. Bei der Geldvermehrung gelten die gleichen Gesetze wie sonst auch. Wir brauchen auf jeden Fall ein klares Ziel. Dieses erreichen wir nur mit einem detaillierten Aktionsplan. Im Detail steckt bekanntlich der Teufel. Dem kommen wir nicht mit einer Austreibung bei, sondern mit Kenntnissen. Diese müssen wir erwerben. Also ist „Lernen“ das Gebot der Stunde.

    Schon sehen wir wieder alt aus, weil wir eigentlich gar nicht so richtig gelernt haben, wie man tatsächlich etwas lernt. Lernen heißt hierzulande überwiegend: nachbeten, was andere vorbeten. Lernen wird mit Schulung gleichgesetzt. Dieses verschulte Lernen verursacht uns Pein und versagt vor allem dort, wo wir auf neue ungelöste Fragen und Probleme treffen. Zu all dem, was uns persönlich unter den Nägeln brennt, haben wir meist weder Antworten noch Lösungsstrategien. An diesen Fähigkeiten haben wir bisher vorbei gelernt. Dafür können wir vor Prüfungen Formeln nieder schreiben und ganze Texte auswendig wieder geben. Wir kennen viele Vokabeln, bemühen aber im Urlaubsausland bevorzugt die internationale Touristengebärdenstammelsprache.
 

   Beim Geld fehlen uns gelegentlich sogar diese bescheidenen Grundlagen. Kopfkissen, Sparbuch, ein Häppchen Festgeld – das Anlagespektrum des kleinen Mannes und dessen Frau. Und dann hat da der „Bankberater“ noch etwas ganz tolles für uns: „Den Wahnsinnsfonds“, in den letzten Jahren nur gestiegen, Superrendite und nur wenige Prozente Ausgabenaufschlag (darauf beim Kauf bis 31.12. noch 25% Prozent Rabatt, damit keine Zeit zum Nachdenken bleibt: ein Superschnäppchen), läppische jährliche Verwaltungsgebühren, alles in allem eine todsichere Anlage. Letzteres stimmt auffallend oft: die Anlage siecht im Depot dahin.

    Wer ganz auf Nummer sicher gehen und eine noch höhere Rendite wollte, hat sein Erspartes in hochglanzbroschürte Immobilienfonds angelegt (am besten in blühenden Landschaften). Alles unter den strengen Augen der Finanzaufsicht. Auch Bauherrenmodelle waren vor Jahrzehnten das Gebot der Stunde. Verlustzuweisungen, Steuerfreiheit und Subventionen waren die Schlachtrufe der Vermögensberater.  Manchmal ging‘s gut. Bei anderen holen sich heute die Banken per Nachschusspflicht von den „Bauherren“ die ganze Rendite und noch ein bisschen mehr zurück. In VIP-Kreisen hagelt es in letzter Zeit Steuernachforderungen. Der Anwaltsstand hat innovativ zum Schutze der Geprellten eigene Spezialisten hervorgebracht.
 

   Auch die Schweizer Banken sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Zurzeit muss das Gespenst der Abgeltungssteuer herhalten für die kühnsten Versprechen, diesen staatlichen Zugriff auf unser Geld zu umschiffen. Das Thema wird uns noch bis Weihnachten um die Ohren geschlagen. Eine Desinformationskampagne jagt die andere. Hilfreich ist es immer, wenn wir ein Problem und dessen Ursachen erst einmal kennen.  

    Für schuldbewusstes Verkriechen besteht deswegen noch lange kein Grund. Vom Fahrrad sind wir auch erst einmal gefallen, bevor es richtig rund lief. Besser ging es bisher halt nicht. Das ist die schlichte Erkenntnis. Uns beschleicht auch so eine Ahnung. Vielleicht soll es uns ja auch gar nicht so viel besser gehen. Schließlich wollten und wollen alle immer nur unser Bestes und damit kann auch unser Geld gemeint sein. Wenn unseres weg ist, geht es wenigstens Anderen gut.
 

   Schluss damit. Spätestens jetzt muss unsere Devise heißen: es in Zukunft selbst besser machen. Heute haben wir dazu ganz andere Möglichkeiten. Nur nutzen müssen wir sie. Wir brauchen nicht bis zum Erscheinen der nächsten Zeitung oder im Fernsehen auf die sorgenvollen Mienen der Berichterstatter warten. Sekundenschnell wissen wir ohne mediale Kaffeesatzleserei, und fragwürdige Expertisen, was sich anbahnt. Wir werden auch vergeblich warten, bis uns über die herkömmlichen Informationswege jemand an die Hand nimmt, damit wir die aktuellen Chancen nutzen mögen.

   Bis wir zu Potte kommen, haben sich Andere schon behaglich eingerichtet. Hinterher sind immer alle klug. Wenn wir uns früher haben aufs Glatteis führen lassen, sitzt diese schmerzliche Erinnerung in uns fest. Die Tragik: die vergangenen Fehlentscheidungen in Sachen Geld führen zu den Fehlern der Zukunft: nur noch Kopfkissen und Sparbuch. Das gebrannte Kind scheut das Feuer. So wird das nichts. Warum auf das Feuer verzichten, bloß weil wir uns nicht verbrennen wollen?

 

Fortsetzung folgt.