Propagandaschlacht Wachstum

IMMER WIEDER MITTWOCHS
08.01.2014

Tödliches Wachstum, nein danke

Baby-Maßband   Groß ist die Freude, wenn der Nachwuchs wieder einen Zentimeter zugelegt hat. Anfangs erfolgt die Wachstumskontrolle per Maßband im Liegen, später mit Lineal und Strich an der Wand. Aber irgendwann ist Schluss. Der Mensch wächst plötzlich nicht mehr. Er gilt als ausgewachsen und ist fortan ein Erwachsener.

   Das Schicksal teilt er mit so ziemlich allem, was auf dieser Erde lebt. Kein Baum ist je in den Himmel gewachsen. Die anderen Lebewesen haben das schnell kapiert. Nur die Krone der Schöpfung, der Mensch, musste erst eine auf die Nuss kriegen, bevor er das Wachstumsgesetz mitgekriegt hat.

   Wenn er schon so klein bleiben musste, obwohl er sich bis zum heutigen Tag für das Größte hält, wollte er schon in frühen Zeiten einen Turm bis in den Himmel bauen. Das Experiment ist kläglich gescheitert. Seit dem Turmbau zu Babel müssen die Menschen zur Strafe in den Fremdsprachenunterricht gehen, wenn sie sich grenzüberschreitend verständigen wollen.

   Ein Mensch wäre aber kein Mensch, wenn er so schnell aufgeben würde. Seit Bücher gedruckt, Kassetten bespielt, Videos aufgenommen und Interviews gesendet werden können, bekommt er die Botschaft ins Gehirn gemeißelt, dass er nicht aufgeben solle. Dazu wird immer wieder gern ein englischer Zigarrenraucher bemüht: „Gib niemals auf, nie, nie, nie …“. Historiker meinen, dass ohne diese Beharrlichkeit von Sir Winston Churchill noch Schrecklicheres in Europa passiert wäre.

   Durchhaltevermögen hat sich in der Tat immer wieder als Erfolgs- und Überlebenseigenschaft entpuppt. Allerdings hat im Verlaufe der Menschheitsgeschichte, bis in die jüngste Zeit hinein, die beharrliche Verfolgung von Holzwegen leider immer wieder zu verheerenden Katastrophen geführt.Wachstum-Grosser-Mann-kleiner-Mann

   Da sie selbst nicht endlos wachsen können, haben sich findige Menschen auf die Produktion von Wachstum in anderen Gebieten verlegt.  Dabei haben sie es tatsächlich geschafft, dass zum Beispiel Wirtschaftswachstum in die Sphäre einer Staatsreligion aufgestiegen ist. Nur Wachstum sichert unendlichen Wohlstand, sagen sie. Ohne Wachstum bricht alles zusammen Das ist in der in der Wirtschafts- und Finanzwelt die Heilige Schrift. So wird es gelehrt und praktiziert. Alles andere ist Ketzerei und fällt der Inquisition anheim.

   Der Staatshaushalt muss wachsen, die Firmen müssen immer größer werden. Globalisierung ist angesagt. Die Großen fressen die Kleinen und die Schnellen die Langsamen. Diese neuen Gesetze sind fest etabliert. Da kann der einzelne Mensch natürlich nicht zurückstehen. Er muss mehr verbrauchen, anders geht es nicht. wer will schon als Spielverderber dastehen?

   Die Weltbevölkerung wächst, das ist selbstverständlich nicht von der Hand zu weisen. Klar, dass da auch der Verbrauch wächst. Dabei ist natürlich die Frage, ob die „Verbraucher“ auch tatsächlich alles brauchen, was sie verbrauchen. Lassen wir das generell einmal dahingestellt.

   Kümmern wir uns nur um die „Warengruppe“ Ernährung.  Da fällt dann doch auf, dass die Nachfrage nach Nahrung schneller wächst als die Weltbevölkerung. Mit dem Bruttosozialprodukt steigt auch der Kalorienverbrauch pro Kopf. Mit wachsendem Wohlstand wird mehr gegessen* und nicht nur über den Durst getrunken.

   Auch die Essgewohnheiten ändern sich. Es kommt nicht nur mehr auf den Tisch, sondern auch andere Gerichte aus dem Topf. Gesundheitsexperten mögen es beklagen, mehr Fleisch ist angesagt. Für das Steak muss mehr Futter produziert werden. Das erfordert zudem mehr Ackerland. Mehr Anbaufläche verschlingt wiederum  zusätzlich Wasser und vernichtet die Wälder. Ein Teufelskreis.(siehe *Quelle)

   Nicht genug, dass mehr und anders gegessen wird als vielleicht gut ist, Essen wird immer mehr zur Freizeitbeschäftigung, zum Event. Das soll alles hier nicht bewertet werden. Wir erkennen aber, warum die Wachstumslobby so ungehindert agieren kann. (siehe *Quelle)


* Quelle: Stephen Emmott, ZEHN MILLIARDEN
(Warnung: Nehmen Sie dieses Buch nicht als einzigen Lesestoff mit in den Urlaub. Es wird Ihr erstes Buch im Umfang von 204 Seiten sein, das Sie in einer Stunde ausgelesen haben.)


  Ersparen wir uns an dieser Stelle das Horrorszenario, was für die übrigen Produktgruppen von der modernen Zivilisation alles niedergemetzelt werden muss. Jedenfalls sieht sich die Menschheit vor Herausforderungen gestellt, die mit dem simplen Schlachtruf nach immer mehr Wachstum nicht zu bewältigen sind.

   Kaum ein Mensch hält sich für blöd. Trotzdem gelingt die Verblödung immer wieder. Wie es dazu kommt, ist inzwischen gut erforscht aber wenig publiziert. Das ist kein Wunder, wie mit allen Dingen die wenigen nur deshalb nützen, wenn viele davon keine Ahnung haben.

   In Kriegen produziert jede Nation oder Kriegspartei Propagandamaterial. Seitdem Filme unser Leben bereichern, werden Propagandafilme bevorzugt. Sie schüren die Begeisterung der Soldaten fürs Vaterland bis zum bis zum bitteren Tod und sie werfen den üblen Feind als das Schreckliste an die Wand, was einem Menschen auf Erden je widerfahren kann.

   Weil die Menschen an sich nicht blöd sind, durchschauen sie diese Propaganda oft schnell, vor allem weil Sie wissen, was vom wem verbreitet wird und wem es nutzen soll. (Das gleiche spielt sich übrigens auch in der Werbung ab.) Das nutzt den gar nicht so Blöden aber nicht viel. Sie fallen trotzdem über kurz oder lang auf die Propaganda rein. Deswegen verzichtet bis heute auch niemand auf die Propagandaproduktion.

   Dass die Propaganda trotz allem funktionierte war zunächst rätselhaft. Man hat es dann schließlich herausgefunden woran es liegt.  Machen wir an dieser Stelle eine Anleihe aus dem gut recherchierten Buch von Rolf Dobelli „Die Kunst des klugen Handelns“.

   „Die Wissenschaftler standen vor einem Rätsel – vor allem, weil man damals schon wusste, dass die Überzeugungskraft von Argumenten mit der Zeit nachlässt. Sie zerfällt, wie eine radioaktive Substanz. Das haben Sie schon selbst erlebt: Sie lesen einen Artikel, zum Beispiel über Gentherapie. Unmittelbar nach der Lektüre sind sie Feuer und Flamme, doch nach Wochen wissen Sie schon nicht mehr so genau, warum. Nachweiteren Wochen ist von Ihrer Begeisterung kaum noch etwas übrig.

   Bei der Propaganda ist es erstaunlicherweise umgekehrt. Wird jemand von Propaganda beeinflusst, steigt die Überzeugungskraft mit der Zeit an. Warum? Der Psychologe Carl Hovland, der die Studien für das amerikanische Kriegsministerium leitete, nannte dieses Rätsel Schläfereffekt (Sleeper Effect, der Begriff ist der Spionage entlehnt).

   Die zurzeit beste Erklärung für den Effekt: Das Wissen um die Quelle zerfällt schneller als die vorgebrachten Argumente. Anders ausgedrückt: Das Hirn vergisst relativ schnell, woher die Informationen kamen (vom Propagandaministerium), aber es vergisst nicht so schnell die Information an sich (der Krieg ist nötig und eine gute Sache). Deshalb gewinnen Informationen aus einer unglaubwürdigen Quelle mit der Zeit an Glaubwürdigkeit. Die entwertende Komponente schmilzt schneller dahin, als der Inhalt der Botschaft vergessen geht.“

Rolf Dobelli liefert den Impfstoff gegen den Schläfereffekt gleich mit:

   „Erstens: Nehmen Sie keine unverlangten Ratschläge an, auch wenn sie angeblich noch so gut gemeint sind. Damit schützen Sie sich zu einem gewissen Grad vor Manipulation.

   Zweitens: gehen Sie übel verseuchten Quellen soweit wie möglich aus dem Weg. Was für ein Glück, dass Bücher (noch) werbefrei sind!

   Drittens: Versuchen Sie sich bei jedem Argument, das Ihnen geläufig ist, an die Quelle zu erinnern. Wer sagt das? Und wieso wohl? Gehen Sie vor wie ein Ermittler, der sich die Frage stellt: Cui bono? Wem nützt es? Das ist viel Arbeit und macht Ihr Denken langsamer. Dafür klarer.“

   Dem ist zunächst nichts weiter hinzuzufügen – außer der Frage vielleicht:
Wachstum – warum, wo, wann und für wen?



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