Mutbürger statt Wutbürger

IMMER WIEDER MITTWOCHS
26.02.2014


Genug Geld, aber wozu und warum brauchen wir Wutbürger?

Geldscheine-StapelDie gute Nachricht zuerst: Geld ist genug da. 0,3 Milliarden schreiben die Einen. 300 Millionen Euro sagen die Anderen. Unterm Strich ist es das Gleiche. Jedenfalls soll der deutsche Staat (Bund Länder, Gemeinden und Sozialkassen) im Jahr 2013 einen Überschuss erwirtschaftet haben. Facebook hat für ein Unternehmen, das bislang keinen Cent Gewinn gemacht hat, 19 Milliarden Milliarden Dollar hingelegt. Das hat die Eigentümer von "WhatsApp" gefreut, deren Kunden aber eher geschockt. Wie man hört wandern sie millionenweise in die Schweiz ab, um so der Datenkrake Facebook zu entgehen.

Krake   Die beiden Hinterhoffirmen "Threema" und "myENIGMA" wissen gar nicht, wie Ihnen geschieht. Die schlaue Netzgemeinde weiß es zu schätzen, dass die Schweizer die transferierten Daten verschlüsseln. Das tut der Messengerdienst "WhatsApp" nicht. Wer diese App auf dem Smartphone hat erlaubt den App-Betreibern z.B. vollen Zugriff auf die Kontakte des persönlichen Telefonbuchs. Das ist einer der wesentlichen Punkte, der den hohen Preis für Facebook trotzdem interessant macht.

Heuschrecke   Schlechte Nachrichten kommen vom Milliardär George Soros. Die zum Philanthropen gewandelte "Heuschrecke" gibt unserer Kanzlerin die Schuld an der EU-Spaltung und sagt für Deutschland riesigen Stress voraus. Immer mehr würden uns hassen. Dazu hat der Menschenfreund sogar ein Buch geschrieben. "Wetten auf Europa" heißt der vielsagende Titel. Mit Wetten kennt sich der Meister aus. Schließlich ist er bei einem ähnlichen Spiel um Milliarden reicher geworden. 1992 hat er massiv gegen das englische Pfund gewettet und die Engländer so aus dem europäischen Währungssystem vertrieben. Wohl deswegen sehen in ihm manche eine Legende und andere die Heuschrecke des Jahrhunderts.

   Aber nicht nur auf dem internationalen Spielfeld tun sich Abgründe auf. Die deutschen Talkrunden haben jetzt nicht mehr nur vordergründig den politischen Koalitionskrach im Visier. Sensationelle Rücktritte werden offensichtlich nicht mehr erwartet.  So  hat man sich schließlich doch noch an die eigentlichen Opfer erinnert. Im zweiten Anlauf, am vergangenen Sonntag  im "Ersten", durfte die Familienministerin fordern, dass zum Wohle der Kinder nun die Gesetzeslücken geschlossen werden müssen. Vermutlich hat sie die Grauzonen gemeint. Die glaubt vor allem die Staatsanwaltschaft  glaubt ausfindig gemacht zu haben.

   In regelmäßigen Abständen wiederholt sich das gleiche Spiel. Wenn etwas anbrennt, taugen angeblich die Gesetze nichts. Neue oder schärfere müssen her. Die Sache mit den fehlerhaften Gesetzen ist aber schon immer ein Faß ohne Boden gewesen. Selbst wenn mal nichts anbrennt, ergibt die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts immer wieder, dass manches Gesetz wohl eher auf den Schrottplatz gehört. Gerade wurde wieder eines gekippt. Mit der Drei-Prozent-Hürde wollten die bisherigen Parteien im Europaparlament gern unter sich bleiben. Das ist verfassungswidrig. Die EU-Parlamentarier ärgern sich jetzt, weil sie mit anderen Teilen müssen. Vielleicht bekommen sie auf dieses Weise ungewollt ein paar neue, pfiffigere Gesetzeshandwerker mit ins Boot, zumindest auf EU-Ebene.

  Zurück zum Geldüberfluss. Die Beispiele dafür ließen sich beliebig fortsetzen. Verweilen wir noch kurz im Bereich der Portokasse und damit bei der Familienministerin. Bei der Kollegin für Verteidigung wurden auf der Staatsekretärsebene mal eben schnell 55 Millionen Euro an Parlament und Chefin vorbei an ein Rüstungsunternehmen überwiesen, für etwas, was gar nicht geliefert worden ist. Es wurden weniger Euro-Fighter bestellt als ursprünglich vorgesehen. Dafür hat die Firma einen Ausgleich bekommen. Weniger fliegende Kisten in der Luft, mehr Geld in der Kasse. Eine tolle Geschäftsidee.

Junge-häl-sich-die-Ohren-zu   Die angekündigten Aktivitäten der Ministerin zum Schutz der Kinder brachte dann in der Talkrunde auch einen erfahrenen NDR-Journalisten* und Zeitzeugen für regierungsamtliche Erfolglosigkeit im Zusammenhang mit Kinderpornographie auf die Palme. Er empfahl die Mitschrift der ministeriellen Worte, damit man sie in zwei Jahren noch einmal mit der Realität vergleichen könne. Bereits vor Jahren gab es eine ähnliche Situation, ausgelöst ebenfalls durch einen Abgeordneten der gleichen Partei. Heiße Diskussionen gab es auch damals. Ergebnis aus heutiger Sicht gleich null. Dem hatte die Ministerin nichts entgegenzusetzen. Schauen Sie mal:

Video-Zitat (3 Minuten)
"Da kommt die Galle hoch"

   Auch für überführte und potenzielle Täter gibt es nach präziser fachkundiger Darstellung des hinzugezogenen Sexualpsychologen durchaus wirksame therapeutische Möglichkeiten. Dabei kommt ans Licht: es werden nicht genügend Therapieplätze finanziert. Lange Warteschlangen haben sich aufgebaut. Das erforderliche Kleingeld ist nicht da. Zusätzlich muss sich die Ministerin an jahrelang unaufgearbeitete bekannte Missbrauchsfälle erinnern lassen. Bei den Missbrauchsopfern würden die erneuten politischen Gelöbnisse eher die Galle hochkommen lassen. Hier hat es der Moderator glatt versäumt nachzuhaken. Worin besteht denn das Problem eigentlich, die Folgen dieser Missstände von gestern wenigstens gleich morgen zu beseitigen? Wieder ein runder Tisch?

Kind-mit-Teddy    Mit einem Nebensatz fällt das Schlaglicht plötzlich auch wieder auf die Opfer von sexuellem Missbrauch durch Kirchenvertreter. Ein Thema, dass in der aktuellen Diskussion bislang wieder unter dem Teppich verschwunden ist. Die gottesfürchtigen Sünder (Stichwort z.B. Canisius Kolleg, Berlin) wurden schließlich mit handfesten Vergehen schon lange vor dem Abgeordneten enttarnt. Aktuell im Gespräch sind jetzt vorrangig nur Bilder und Filme, die der Mann in Kanada bestellt hat. Im Gegensatz zu den vielen anonymen Bildern und Filmen im Netz und auf den Datenträgern gibt es den massiven unmittelbaren realen Missbrauch. Da gibt es keine "Grauzone".

   Immer wieder wird betont, dass dem Abgeordneten bis heute strafrechtlich nichts vorgeworfen wird. Warum entzündet sich dann die Empörung immer nur an diesen Details?  Was haben die Kinder davon, wenn der Mann, der ihre Fotos und Videos angeblich legal gekauft und angesehen hat, aus der Partei ausgeschlossen wird? Menschen moralisch abzuschießen ist die eine Sache. Den Opfer helfen und Opfer überhaupt verhindern. Sollte das nicht der vorrangige Schwerpunkt sein? Ist das vom Führungspersonal zuviel verlangt?

  Talkrunden und folgenlose Reden scheinen mitunter zu einem einzigen Zweck geeignet:  sie erzeugen Wutbürger. Das wird wiederum in anderen Diskussionskreisen gern als erfreuliches Bürgerengagement gelobt. Ob das so lobenswert ist, ob das vor allem weiterbringt und Probleme löst, kann durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden. Wut gilt nicht erst seit heute eher als schlechte Ratgeberin. Geld ist genug da und Wut auch. Leiten wir am besten beides in die richtigen Kanäle.

   Vielleicht erinnert uns die ganze Diskussion einmal mehr an unsere Position in der realen ach so "globalisierten" Welt. Genauso wie in anderen Bereichen, agieren die Täter zum Schaden unserer Kinder international. Diesem globalen Sachverhalt stehen zwangsläufig überforderte nationale Strukturen gegenüber. Das führt zur Kurzatmigkeit. Hören wir uns deshalb aus angemessener Distanz einmal zwei Stimmen aus der Wissenschaft außerhalb der tagespolitischen Begleitgeräusche an. (Videos weiter unten). Sie berühren nicht direkt die zuvor erörterten Fragen, erweitern aber möglicherweise unser Blickfeld. Vielleich helfen Sie gleichzeitig auch bei der Suche nach Antworten auf die von Georg Soros aufgeworfenen Fragen.

   Der Professor für Politikwissenschaft, Claus Leggewie meint:

"Mit Wut-Bürgern alleine kann ich keine Politik machen. Da brauche ich Mut-Bürger, die Verantwortung übernehmen und die Aufgaben nicht an "die da oben", an die Politik, an den Staat delegieren."

Wir brauchen ein Finanzsystem, das sinnvolle Ingenieursideen, unternehmerische Ideen finanziert. Mehr nicht. Wir müssen uns auf die Dinge konzentrieren, die für die Herstellung von Gebrauchsgütern für eine lebenswerte Welt wirklich von Bedeutung sind.


   Der Wirtschaftswissenschaftler, Mathematiker und Informatiker Prof. Dr. Dr. Franz Radermacher plädiert für die Verlangsamung, weil wir das Tempo weder aushalten noch beherrschen. Gegen geistiges Wachstum hat er nichts:

"Wir sind ein System mit einem gigantischen Antrieb, aber auch ein System ohne Bremse" …

"Wir übersetzen technischen Fortschritt immer in noch mehr Aktivitäten von noch mehr Menschen und stehen dann sogar schlechter da als zuvor. Wir brauchen Wachstum, aber wir brauchen ein dematerialisiertes Wachstum."


Claus Leggewie (2011):
Mutbürger statt Wutbürger

(Video 16 Minuten)


Franz Radermacher (2011):
Wir brauchen dematerialisiertes Wachstum

(Video 15 Minuten)


* Sebastian Bellwinkel (NDR 30.08.2013):
"Sexueller Missbrauch geht täglich weiter"


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